Chemnitzer Doppelhaushalt 2021/ 2022- Ein zwiespältiges Ergebnis

Ein Statement der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Chemnitz zu den Auswirkungen des beschlossenen Doppelhaushaltes der Stadt auf die sozialen Dienste der Verbände.

Haushaltssatzung durch den Stadtrat beschlossen

Am 07.04.2021 beschloss der Stadtrat den Doppelhaushalt der Stadt Chemnitz für die Jahre 2021 und 2022. Der Beschluss der Haushaltssatzung ist auch für die Arbeit der Liga der freien Wohlfahrtspflege Chemnitz ein wichtiger Meilenstein, denn dieser gibt Gewissheit darüber, in welchem Umfang soziale Arbeit finanziert wird. Im Vorfeld der Stadtratssitzung war für die Träger der Liga klar: Auch in finanziell schwierigen Zeiten braucht es ein Bekenntnis zu den sozialen Angeboten. Die ca. 6.000 Beschäftigten in den Verbänden haben die Chemnitzerinnen und Chemnitzer in den verschiedensten sozialen Bereichen mit großem Engagement und hoher Professionalität durch die Corona-Pandemie begleitet. Eine Vielzahl von Kindern, Jugendlichen und Familien sowie Bürgerinnen und Bürgern mit gesundheitlichen, sozialen und seelischen Beeinträchtigungen brauchen weiterhin eine bedarfsgerechte Unterstützung. Wir erwarten heftige soziale Nachwirkungen der Pandemie im nächsten Jahr, die Pandemie wird unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig belasten.

Verbände begrüßen die Nachbesserungen, die Zeit zum Handeln geben

Mit dem Ziel, den Menschen – den Nutzer*innen der Angebote, aber natürlich auch den Beschäftigten die Sicherheit und Stabilität, die in einer solchen Krise unverzichtbar sind, zu geben, hat sich die Liga aktiv in die Haushaltsverhandlungen eingebracht. Insbesondere die Dienste für ältere Menschen und für in Not geratene oder Hilfesuchende waren in ihrem aktuellen Umfang gefährdet. Aber auch für die erfolgreiche Unterstützungsoffensive für Kindertagesstätten, ein Angebot der Elternarbeit, war keine finanzielle Perspektive geplant. In unseren Gesprächen mit den Stadtratsfraktionen konnten wir unsere Bedenken und die Auswirkungen darlegen und erfuhren großen Zuspruch. Die eingereichten Änderungsanträge zu den Beschlussvorlagen der Stadtverwaltung erhielten für das Jahr 2021 eine Mehrheit. Für das Jahr 2022 konnte keine Mehrheit erreicht werden.

Die Liga würdigt und bedankt sich für den Einsatz der zustimmenden Stadträt*innen vor dem Hintergrund der schwierigsten Haushaltsverhandlungen der letzten Jahre. Wir werten es als Bekenntnis zum sozialen Netz für die Chemnitzer Bürger*innen. Es ist gelungen, die Angebote für dieses Jahr auf einem hohen Niveau zu sichern. Das gibt Zeit, sich mit den Herausforderungen und notwendigen Anpassungen ab 2022 zu beschäftigen und Lösungen zu finden.

2022 droht eine Kürzungswelle, mit nachhaltigen Folgen

Der Haushaltsbeschluss bringt jedoch auch ein ganz grundlegendes Problem mit sich:

Die Mittel für diese Dienste sind aus jetziger Sicht ab 2022 gedeckelt. Das ist in etwa so, wie wenn trotz steigender Spritpreise immer für denselben Geldbetrag getankt wird. Natürlich bleibt das ausgegebene Geld gleich, man kommt aber nicht mehr so weit. Man bleibt auf halber Strecke stehen. Wir müssen unsere Angebote einschränken, Öffnungszeiten kürzen, Arbeitszeit einsparen. Schon jetzt, und das bekunden die Verbände bereits seit Jahren, ist die absolute Untergrenze erreicht. Die Liga sieht die Gefahr, dass jeder weitere Einschnitt zu Lasten der Basisversorgung geht. So z.B. könnten zusätzliche Angebote wegfallen, fachliche Standards unterwandert und aufgebaute Strukturen geschädigt werden, möglicherweise  sind sogar Landesmittel gefährdet. Die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen erlauben es nicht, den städtischen Haushalt über Einsparungen an den gemeinwohlorientierten Diensten zu entlasten. Jeder Euro, der heute gespart wird, wird in einigen Jahren mehrfach ausgegeben, um soziale Verwerfungen zu reparieren.

 

Wir verstehen das Argument, nachfolgenden Generationen keine Schulden aufbürden zu wollen. Jedoch ist zu bedenken, dass vererbte soziale Schieflagen unsere Kinder und Enkel in ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit in gleicher Weise belasten werden. Bekennen wir uns zu präventiven Ansätzen, zu unseren sozialen Angeboten und finden alternative Lösungen, um in Chemnitz die notwendige Soziallandschaft zu erhalten. Die Liga erklärt ihre Bereitschaft, an diesem Ziel innovativ mitzuwirken.

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